Onlineveranstaltung - §5 Wirtschaftsstrafgesetz reformieren, steigende Mieten begrenzen!

Steigende Mieten bei anhaltender Inflation verschärfen die soziale Lage vieler Mieter*innen in Deutschland, gerade in den Ballungszentren können sich viele die Mieten nicht mehr leisten. Die aktuelle Rechtslage reicht zur Begrenzung der Mieten nicht aus.  Aus diesem Grunde wird seit Jahren gefordert, § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) wieder zu reaktivieren. § 5 WiStG verbietet den Vermietenden, bei Ausnutzung des geringen Wohnungsangebotes eine höhere Miete als 20 Prozent über der Vergleichsmiete zu fordern. Dieser bußgeldbewehrte Schutz gilt nicht nur für Bestandsmieter*innen, sondern schützt auch diejenigen, die neuen Wohnraum anmieten. Und tatsächlich war dies ein Instrument, das half, Mieten zu begrenzen. Über den öffentliche-rechtlichen Charakter der Norm und die Möglichkeit administrativer Eingriffe wurde das Vermieter-Mieter – Dilemma durchbrochen.

Mieter*innen konnten sich an die zuständige Behörde wenden, wenn sie der Meinung waren, sie zahlten zu viel. Das „Amt“ prüfte, rechnete und schrieb – bei einem Verstoß - die Vermietenden an und forderte diese auf, zu viel gezahlte Mieten direkt an die Mieter*innen zurück zu zahlen. Ein Bußgeld konnte ebenfalls verhängt werden. Unabhängig davon konnten Mieter*innen vor dem Zivilgericht zu viel gezahlte Mieten zurückverlangen oder sich mit dieser Vorschrift gegen Mietsteigerungen wehren, die nach dem bürgerlichen Recht möglich waren.

Diese Rechtslage gibt es so nicht mehr. Verantwortlich dafür ist nicht der Gesetzgeber, der die Norm mal vor knapp 50 Jahren geschaffen hat, sondern der BGH. Der Bundesgerichtshof hat bestimmt, dass die Mietenden bzw. die Behörden, den Nachweis führen müssen, dass der Vermieter die Mangellage im konkreten Fall bewusst ausgenutzt hat. Die Anforderungen an die Darlegungen von Behörde oder Mieter*innen wurde derartig angehoben hat, dass die Norm seit 2004 in der Praxis keine Rolle mehr spielt. Seit dieser Zeit werden gerade Mieter*innenverbände, aber auch Gewerkschaften und andere gesellschaftlichen Gruppen nicht müde, eine Reform zu fordern und die Vorschrift wieder „scharf“ zu stellen. Seit 2009 gibt es auch mindestens vier Bundesratsinitiativen, unter anderem von Brandenburg, Berlin, Hamburg und zuletzt sogar vom CSU-regierten Bayern. Die Umsetzung scheiterte an den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen. Inzwischen werden sogar „verfassungsrechtliche Bedenken“ geltend gemacht.

Das Netzwerk Mieten und Wohnen hat sich im Rahmen dieser Veranstaltung näher mit dieser Bußgeldvorschrift beschäftigt, mit der ursprünglichen Konzeption der Vorschrift und seiner aktuellen Bedeutungslosigkeit im Zuge der BGH-Entscheidung. Zunächst stellte Eve Raatschen von Mieter helfen Mietern Hamburg die aktuelle Rechtslage dar, die Grenzen der Norm und beschrieb das Verfahren. Sie beschrieb ihre Stellung im mietrechtlichen Normgefüge und ihr Verhältnis zu den Regelungen der Mietpreisbremse und zur den Mieterhöhungen nach §§ 557 ff BGB. Im Anschluss referierte Wibke Werner vom Berliner Mieterverein zu den diskutierten Reformen des § 5 WiStG, um diesen wieder „scharf zu stellen“. Joschka Selinger von der Gesellschaft für Freiheitsrechte beleuchte verfassungsrechtliche Fragen und legte überzeugend dar, weshalb der Verzicht auf den subjektiv geprägten Begriff der „Ausnutzung“ keinen Verstoß gegen das Schuldprinzip darstellt. Schließlich stellte Dr. Andrej Holm von der HU Berlin die Auswirkungen eines reformierten § 5 Wirtschaftsstrafgesetz auf das Mietniveau in den Gebieten dar, in denen schon jetzt die Mietpreisbremse gilt. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung berichteten Verteter*innen des Frankfurter Wohnungsamtes von ihren Erfahrungen bei der Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen; denn Frankfurt ist die einzige Stadt, die konsequent Mietpreisüberhöhungen verfolgt, allerdings mit hohem Aufwand aufgrund der Anforderungen des BGH-Rechtsprechung. Die Veranstaltung wurde von RA Dr. Rainer Tietzsch und RA Benjamin Raabe moderiert.