Konferenz 2018

TAGUNGSDOKUMENTATION “BODEN RECHT WOHNEN – ANSÄTZE FÜR EINE SOZIALERE MIETEN- UND WOHNUNGSPOLITIK” AM 23./24.2.2018 IN BOCHUM

Ende Februar 2018 hatte das Netzwerk Mieten & Wohnen zu seiner 3. Konferenz in das Kulturzentrum Bochum-Langendreer geladen. An den beiden Konferenztagen wurden drei Schwerpunktthemen vertieft sowie über Neue Gemeinnützigkeit und gemeinsame Interessen von Mietern und Beschäftigten geredet. Daneben war viel Platz zum Netzwerken. Die Teilnehmer*innenzahl hat sich dieses Jahr gegenüber den ersten Konferenzen erheblich gesteigert. Im folgenden dokumentieren wir die Ergebnisse der Workshops und Schwerpunkte der Konferenz. Im folgenden Text sind dazu Links zu Vorträgen, die auf der Konferenz gehalten wurden.

Die drei Schwerpunktthemen der Konferenz sollen thematisch in Arbeitsgruppen innerhalb des Netzwerks weiterbehandelt werden. Dazu lädt das Netzwerk Mieten & Wohnen zu einem Treffen am 8. /9. Juni nach Kassel ein.

Bereits ab sofort beginnen die Vorbereitungen für die nächste Konferenz, die im Frühjahr 2019 stattfinden wird. Für Interessierte, die die Konferenz mitvorbereiten können, und thematische Vorschläge ist das Netzwerk offen. Für Nachfragen dazu steht unser Bochumer Büro bereit.

(Der gesamte Konferenzbericht ist auch als pdf herunterladbar.)

Der Wunsch nach Durchsetzung der wohnungspolitischen Ideen

Die Konferenz, die außerhalb des Tagesgeschäftes nach guten Lösungen suchen will, stand dennoch stärker als zuvor unter dem Eindruck, auch Forderungen durchzusetzen zu wollen. Es reiche nicht mehr, nach Jahren erhöhter Aufmerksamkeit für das Thema Wohnen nur gute Idee zu erarbeiten, war der Tenor vieler Debatten. Denn sogar im bisher entspannten Wohnungsmarkt des Ruhrgebiets entständen immer mehr Engpässe. Am Beispiel Dortmunds läßt sich dies in wenigen Worten verdeutlichen, so Martin Krämer vom Netzwerk Mieten & Wohnen in seiner Begrüßung: “Die Leerstandsquote in Dortmund lag im Jahr 2016 bereits bei nur 1,7 %, die Angebotsmieten stiegen um mehr als 8% von 2015 auf 2016; zugleich ist der Hannibal 2, der vor 6 Monaten wegen Brandschutzmängeln für unbewohnbar erklärt wurde, ein dramatisches Beispiel dafür, welche Folgen Spekulation mit Wohnraum und ausbleibende Instandhaltung und Eigentümerpflichten haben können.”

Die Lösungsansätze seien vielfach beschrieben worden; ein besseres Mietrecht gegen Verdrängung und Mietpreissprünge, eine gänzlich andere Bodenpolitik, eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit, die dauerhaft bezahlbares Wohnen sichert, eine stärkere Beteiligung von Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen an den Entscheidungen der Unternehmen oder selbstorganisierte, gemeinwohlorientierte Wohnprojekte. Die Antworten der Politik hingegen seien weiterhin unbefriedigend, so die einhellige Stimmung der Konferenzteilnehmer*innen.

Die Gruppen und Organisationen im Netzwerk Mieten & Wohnen müssten lauter werden, um die immer sichtbarere sozialpolitische Katastrophe zu stoppen. Gebraucht würden viel mehr Mieterinitiativen, Aktivitäten in Sozialen Medien, öffentliche Veranstaltungen, Gespräche mit Politikerinnen und Politikern und sicher auch Druck auf der Straße.

Bodenfrage neu gestellt

Die Bodenfrage hatte sich im Vorfeld der Konferenz zu einem bundesweit viel diskutierten Thema entwickelt. Der rasante Anstieg der Bodenpreise vor allem in den wachsenden Metropolen macht bezahlbares Wohnen durch gemeinwohlorientierte Unternehmen oder für geförderten Wohnungsbau fast unmöglich. Boden hat sich zu dem Mietpreissteiger Nr. 1 entwickelt, so jüngst eine Studie des Bundesinstuts für Bau-, Raum- und Stadtforschung.

Den Auftakt im Eröffnungsplenum der Konferenz machte Laura Weißmüller aus München, die als Redakteurin der Süddeutschen Zeitung für den Bereich Architektur und Design zuletzt in mehreren Artikeln zur Bodenfrage wichtige Impulse gegeben hatte. Ihr Vortrag lautete „Wie Luft und Wasser – Warum der Umgang mit Boden sich grundsätzlich ändern muss“. Dieser beruhte auf ihrem Text “Mit Füßen getreten”, der am letzten September in der Süddeutschen Zeitung erschienen war. Laura Weißmüller arbeitete heraus, dass der Boden keine Ware wie jede andere ist. Boden sei nicht vermehrbar und nicht verzichtbar. Menschen brauchen ihn wie Wasser und Luft zum Leben.

Besonders konkret war die Diskussion im bodenpolitischen Schwerpunkt um die Frage nach einer Grundsteuerreform, die mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts inzwischen eine hohe Relevanz bekommen hat. Henry Wilke stellte in Bochum den Ansatz des Bündnisses „Grundsteuer: Zeitgemäß“, in dem unter Anderem der Mieterbund und der Nabu mitarbeiten, vor. Sein Vortrag ist hier nachzulesen. In der Diskussion gab es grundsätzliche Zustimmung zu dem Ansatz. Gefragt wurde aber auch, warum es nicht auch eine höhere Grundsteuer geben könnte und, ob Mieter*innen davon nicht befreit werden könnten.

Boden als Gemeingut, eine Forderung, die auch Rolf-Novy-Huy als Vorstand der Stiftung trias in seinem späteren Beitrag vehement erhob. Laura Weißmüller führte in der anschließenden Diskussion weiter aus, dass gemeinwohlorientierte Träger zu kurz kämen, wenn Grundstücke zum Höchstpreis vergeben werden und Spekulationsobjekte sind. Bezahlbare Wohnungen und lebendige Stadtquartiere hätten keine Chance, wenn nur der maximale Preis zählt. Sie sieht daher besonders die öffentliche Hand gefragt, vom Bund über die Länder bis zu den Kommunen, ihre Flächen nur noch im Erbbaurecht zu vergeben.

Warum dies auch in den Kommunen nur selten oder gar nicht geschieht, wurde in der anschließenden Arbeitsgruppe intensiv diskutiert. Dabei kristallisierte sich heraus, dass städtische Grundstücke in sehr vielen Fällen zur Stabilisierung der klammen kommunalen Haushalte veräußert werden. Dabei würden Erbpachtmodelle langfristige, dauerhafte Einnahmen für die Gemeinden garantieren und zudem den Einfluss auf das Grundstück aufrecht erhalten, etwa zum Erhalt preisgünstigen Wohnraums. Doch gerade in Städten mit knappen Kassen oder gar Städten in der Haushaltssicherung würden die Spielregeln für die Kommunalfinanzen dazu führen, dass Erbpachtmodelle nicht umgesetzt werden könnten – den politischen Willen vor Ort einmal vorausgesetzt.

Dass es trotzdem Lösungsansätze gibt, beschrieb Christoph Stupka aus München in seinem Vortrag. Dort ist nach langen Kämpfen inzwischen eine engagierte Strategie der Stadt zu beobachten. Schon seit den 90er Jahren existiert dort als wichtige Grundlage die Sozialgerechte Bodennutzung, die Bauträgern eine Abgabe von Bodengewinnen verpflichtet. Bei der Vergabe von Grundstücken kommen zunehmend gemeinwohlorientierte Träger zum Zuge.

In Leipzig ist in der Zusammenarbeit aus alternativen Bauträgern und der Stadt das Netzwerk Leipziger Freiheit entstanden. Dieses berät wie Jens Gerhardt vom Netzwerk Leipziger Freiheit referierte, Wohnprojekte bei Bauvorhaben. Er berichtete vom Erfahrungsaustausch verschiedener Städte hierzu, den es bisher nicht gab. Generell sei das Thema wenig aufbereitet gewesen. Dabei böten Konzeptverfahren viele Möglichkeiten Anteile für geförderten Wohnungsbau, aber auch Qualitäten in der Architektur und im Städtebau zu sichern sowie Grundstücke eben nicht nach dem Höchstpreis zu vergeben. Einig war man sich in der Diskussion, dass Kommunen auf jeden Fall gestärkt werden müssen, damit sie wieder besser handlungsfähig werden.

Jochen Lang aus Berlin stellte in seinem Vortrag das Konzept einer Bodenstiftung des Bundes vor. Dieses hatte er zusammen mit Frauke Burgdorff und Stefan Rettich im Herbst 2017 veröffentlicht. Anstelle der Verwertung zu Höchstpreisen von Grundstücken durch die dem Bundesfinanzministerium unterstellte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), sollen demnach auf den Stiftungsgrundstücken Quartiere entstehen, die sich u. a. durch geförderten Wohnungsbau mit dauerhaften Bindungen, qualitative öffentliche Räume und umfangreiche Beteiligungsprozesse bei der Realisierung auszeichnen.

Eine umfassende bodenpolitische Agenda, die verschiedene Herausforderungen aufzählt hat das difu zusammen mit dem VHW veröffentlicht. Diese stellte Ricarda Pätzold in einem Beitrag Neun auf einen Streich vor.

Im der abschließenden Workshopphase wurden Erfahrungen mit der 2017 durch die Bundesregierung neu geschaffene Kategorie „Urbanes Gebiet“ ausgetauscht. Dieses soll den Städten und Investoren neue Möglichkeiten eröffnen, mehr Wohnraum zu erstellen. Dabei müssten die Interessen von Mieter*innen gewahrt bleiben, um z. B. zu verhindern, dass sämtliche Grünflächen überbaut werden.

Am Ende des Workshops stand keine abschliessende Antwort, aber die Erkenntnis, dass sich ohne neue Ansätze die Wohnungsproblematik weiter verschärfen wird und nur die Kombination der verschiedenen Massnahmen eine nachhaltige Wirkung erzielen können.

Das Netzwerk Mieten und Wohnen wird nun eine neue Arbeitsgruppe gründen, die sich mit dem Thema beschäftigt.

Wohnen für alle

Im ersten Workshop ging es um die berüchtigten „Bevölkerungsgruppen mit erschwertem Zugang zum Wohnungsmakt“ früher auch oft als „A-Gruppen bezeichnet“: Alleinerziehende, Arbeitslose, Ausländer, Arme ... Gemeinsam ist ihnen nicht nur das häufig geringe Einkommen, sondern auch, dass viele Vermieter*innen nicht gerne an sie vermieten, und dass sie deshalb besonders auf engen Wohnungsmärkten noch größere Schwierigkeiten haben, etwas Bezahlbares zu finden. Gemeinsam ist ihnen aber auch, dass verschiedenste soziale Einrichtungen versuchen, ihnen dabei zu helfen. Etliche davon trafen sich in diesem Workshop, um ihre Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Da überall im Land der Anteil bezahlbarer Wohnungen zurückgeht und außerdem in der Immobilienwirtschaft die Meinung um sich greift, man hole sich nur Schwierigkeiten ins Haus, wenn man an solche Bevölkerungsgruppen vermietet, ist die Arbeit der Wohlfahrtsverbände nicht einfacher geworden. Manche sind sogar bereits dazu übergegangen, selbst als Bauträger aufzutreten.

Jennifer Puls vom Paritätischen Gesamtverband stellte die Möglichkeiten und Risiken für selbstbauende soziale Träger heraus. Eine Chance sei, wenn Träger als Konfliktmanager in der Nachbarschaft fungieren und den Sozialraum aktiv mitgestalten. Risikoreich sei hingegen, der Mangel an Ressourcen, insbesondere, da der Aufbau von Fachwissen notwendig sei, der vielen Trägern fehle.

Sebastian Herklotz meinte, soziale Träger bräuchten eine gute Balance zwischen der originären inhaltlichen Arbeit und der Beschäftigung mit dem Wohnungsbau. Das Personal müsse qualifiziert oder neue Mitarbeiter*innen eingestellt werden.

In der zweiten Workshoprunde, die sich mit den Instrumenten lokaler Wohnungspolitik auf kommunaler Landes- oder Bundesebene beschäftigte, drehte sich die Diskussion um die Erwartung an die Politik. Der Bund müsse wieder verstärkt die Steuerungskompetenz in der Wohnungspolitik wahrnehmen, um allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Wohnraum gewähren zu können (durch Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus, Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, dynamische und jährliche Anpassung des Wohngeldes sowie Energiekostenkomponente

Sebastian Herklotz hob hervor, den sozialen Trägern böte sich durch Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft neue Geschäftsfelder und ein besserer Wohnungszugang. Beispiele seien hier die Beratung von Mitarbeiter*innen der Wohnungswirtschaft zu psychosozialen Fragestellungen oder die Unterstützung der Mitarbeiter*innen der Wohnungswirtschaft bei „Problem“-Mieter*innen.

Wie sehr gerade Geringverdiener*innen der Schuh drückt, wusste Stefan Nagel vom Diakonischen Werk in Hamburg zu berichten. Er begegnete einer Frau, der wegen Eigenbedarf gekündigt worden war, und die auf ihrer Wohnungssuche in 8 Monaten 146 Besichtigungen durchgeführt hatte und dabei nicht selten mit mehr als 30 Suchenden gleichzeitig Termin hatte. In Hamburg zahlen Geringverdiener*innen im Schnitt 45 % ihres Einkommens für die Miete. Bei mittleren Einkommen sind es 29 %, und die wohlhabenderen (aber noch keineswegs wirklich Reichen) kommen mit 17 % ihres Budgets aus. Er schloss daraus, wie wichtig es dabei ist, die jeweiligen Perspektiven, Handlungszwänge und berechtigten Interessen anzuerkennen und zu berücksichtigen.

Auf der anderen Seite begegneten ihm die Ängste der Wohnungswirtschaft mit oft verzerrter Wahrnehmung und übertriebenen Befürchtungen. Dagegen könne auf mehreren Ebenen angearbeitet werden. So durch die verlässliche Präsenz sozialer Arbeit, wenn es irgendwann tatsächliche Probleme gibt und die Antistigma-Arbeit und Aufklärung z.B. über psychische Erkrankungen und Unterstützungsmöglichkeiten etc.. Seine Präsentation ist hier nachzulesen.

In der abschliessenden Diskussion zu Bündnisse vor Ort und politischer Vernetzung sagte Herr Nagel, kommunale Lobbys für eine soziale Wohnungspolitik aus unterschiedlichen Akteure können die Durchschlagskraft für eine soziale Wohnungspolitik erhöhen. Bündnisse könnten auch inhaltliche und strategische Optionen eröffnen, die die einzelnen Akteure für sich nicht oder nicht so ohne weiteres haben.

Politische Bündnisse können der Freien Wohlfahrtspflege helfen, ihre „deformation professionell“ zu überwinden und die Fragen der Wohnungsversorgung konsequent wohnungspolitisch und nicht „sozialarbeiterisch“ zu rahmen und auf die politische Bühne zu bringen.

Ein weiteres gutes Beispiel sei die mögliche Bereicherung durch eine aktivere Rolle von Mietervereinen in der Politik gegen Wohnungslosigkeit. Mietervereine sprächen Wohnungslose nicht als sozial Hilfebedürftige, sondern als zukünftige Mieter, als Rechtssubjekte an. Wohnungslose verlieren Status als „spezielle“ Gruppe,

Regionale und soziale Differenzierung des Mietrechts

Im Rahmen der bereits langjährig agierenden Arbeitsgruppe „Mietrecht neu denken“ fand bei der diesjährigen Konferenz ein Workshop zum Thema „Regionale und soziale Differenzierung des Mietrechts“ statt. Zu Beginn hielt Andrej Holm einen Vortrag zum Thema „Wohnverhältnisse, Versorgungsbedarfe und Wohnungspolitik. Regionale Unterschiede und Einflussfaktoren von städtischen Mietwohnungsmärkten“ und erläuterte die in den letzten Jahren erheblich angespanntere Situation an den Wohnungsmärkten der Ballungszentren. Immer mehr Menschen mit geringeren Einkommen konkurrieren um den nur immer weniger vorhandenen bezahlbaren Wohnraum. Die Bereitschaft umzuziehen sinkt im Hinblick auf immer stärker steigenden Mieten. Im Anschluss berichtete Magnus Hengge über die Mietsituation der Berliner Kleingewerbetreibenden und die in diesem Zusammenhang durchgeführten stadtpolitischen Kampagnen.

In der anschließenden Diskussionen kamen die Teilnehmer*innen überein, dass der Schutz der Kleingewerbetreibenden auf freien Träger auf dem Gewerberaummietmarkt rechtlich kaum ausgeprägt ist, obwohl das Machtgefälle zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen dem im Wohnraummietrecht ähnlich ist. Es wurden Ideen für mehr Mieterschutz diskutiert und erste Modelle zur Differenzierung zwischen weniger schutzwürdigen größeren Mietern*innen (Stichwort Supermarktketten) und kleineren Gewerbetreibenden (Zeitungskiosk) gesammelt. Die Arbeitsgruppe plant Regelungsvorschläge zum besseren Schutz von Gewerbemieter*innen zu erarbeiten

Beim Thema Wohnraummietrecht wurde schnell deutlich, dass die Probleme auf dem Land und in den Ballungszentren durchaus unterschiedlich sind, und dass im Einzelnen noch geprüft werden muss, inwiefern hierauf normativ reagiert werden müsste. Thema war auch, inwiefern ein Recht auf Wohnungstausch Menschen motivieren könnte, größere Wohnungen für Familien oder Mehrpersonenhaushalte frei zu machen, um dann selber eine kleinere Wohnung finanzieren zu können.

AK Neue Wohnungsgemeinnützigkeit: Eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit und gemeinnützige Akteure auf den lokalen Wohnungsmärkten

Dieser Arbeitskreis konnte leider nicht in der geplanten Form stattfinden, weil der Hauptreferent Axel Burkhardt aus Tübingen erkrankt war. So blieb die Diskussion über lokale Bedarfe für die Wohnungsgemeinnützigkeit nur andiskutiert.

Bisher sind es eher wenige Kommunen und Kommunale Wohnungsunternehmen, die einen Bedarf für eine Neue Gemeinnützigkeit formuliert haben. Hier sind die Kommunalfinanzen ein Hemmschuh. Die klammen Kommunen wollen ungern auf die Einnahmen aus den Unternehmen verzichten. Die Schuldenfrage wäre also mitzubedenken.

Dennoch sind Elemente der Gemeinnützigkeit durch Selbstverpflichtung nicht unmöglich. Die kommunaler Ebene sollte hierbei selbstbestimmen, was für sie gemeinnützig ist.

Die Diskutierenden waren sich einig über die fortbestehende Notwendigkeit der Einführung einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit. In der aktuellen Diskussion scheint diese aber nicht durchsetzbar, weil in der SPD nur Teile der Partei diese aktiv unterstützen, Befürworter*innen aus Linken und Grünen nicht an der Bundesregierung beteiligt sind und es auch aus den Bundesländern keine Impulse gibt.

Überraschend wäre in der Diskussion der Jahre 2016 und 2017 das massive Thematisieren der NWGN seitens der Immobilienwirtschaft gewesen, so Jan Kuhnert vom Netzwerk AK Neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Die Befürchtungen scheinen dort groß, dass die Wohnungsgemeinnützigkeit als mögliche Alternative ins Spiel käme. Gleichzeitig gab es durchaus Signale aus Teilen der Wohnungswirtschaft, sich auf längere Bindungsfristen bei geförderten Wohnungsbau einlassen zu können.

Die ungeklärte Frage, woher neue bezahlbare Wohnungen entstehen sollen, bleibt bestehen. Deswegen kann die Idee einer neuen Gemeinnützigkeit schnell wieder in die Debatte einfliessen.

Das Netzwerk Mieten & Wohnen

Wir möchten Sie und euch herzlich einladen, das Netzwerk als Plattform zu nutzen. Das Netzwerk Mieten & Wohnen wurde mit dem Ziel gegründet, über die fortlaufenden Verschlechterungen für Mieter*innen und Mietervereine hinaus Diskussionen zu führen und neue Ideen zu entwickeln.

Die Idee einer Versorgung breiter Bevölkerungskreise mit bezahlbaren und lebenswerten Wohnungen hat sich zugunsten einer marktorientierten Versorgung gewandelt. Diese Entwicklung läuft nicht ohne Widerstand von Mieter*innen und Mietervereinen in zahlreichen Städten. Die besondere Aufgabe des Netzwerks Mieten & Wohnen ist es, eine systematische Diskussion grundsätzlicher Alternativen in der Mieten- und Wohnungspolitik, die über die tagespolitischen Diskussionen hinausgehen.

Daher haben sich verschiedene an Wohnungsthemen arbeitende Akteure zur kontinuierlichen Debatte zum Netzwerk Wohnen & Mieten zusammengeschlossen.

Das Netzwerk versteht sich seit der Gründung als Plattform, in der unterschiedliche Akteure zusammenkommen und sich austauschen können. Dazu wurden Vereinbarungen der Zusammenarbeit beschlossen. Die entstandenen Arbeitsgruppen diskutieren interdisziplinär und in der Breite von etablierten Organisationen bis zu sozialen Bewegungen. Alternativideen sollen entwickelt und in die öffentliche Debatte gebracht werden.

Neben den Konferenzen arbeiten zwei kontinuierliche Arbeitsgruppen („Mietrecht neu denken“ sowie „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“). Kontakt zu den Arbeitsgruppen vermittelt unser Büro in Bochum.

Zwischen den Konferenzen finden zwei zweitägige bundesweite Treffen zum inhaltlichen Austausch und zur Vorbereitung der Konferenzen statt. Diese Treffen sind für alle am Netzwerk Interessierten offen. Das nächste Treffen findet am 8. / 9. Juni 2018 in Kassel statt.

Mitglieder des Netzwerks sind zur Zeit neben Einzelpersonen: Berliner Mieterverein, GWA St. Pauli, KUB Beratung, Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend, Mieterverein Dortmund und Umgebung, Mietergemeinschaft Essen, Mieter helfen Mietern Frankfurt, Mieter helfen Mietern Hamburg, Mieter helfen Mietern Nürnberg, Mieter/innen-Schutzverein, Mietshäuser Syndikat Hamburg, Montag Stiftung Urbane Räume, Paritätischer Gesamtverband, Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, ver.di Wohnungwirtschaft, Wohnbund

Die Referent*innen und Moderator*innen

Stefan Bentrop ist Rechtsanwalt und Justiziar des Deutschen Mieterbundes e. V. . Der Deutsche Mieterbund e.V. ist der Dachverband für rund 300 ihm angeschlossene Mietervereine in der Bundesrepublik Deutschland. Diese vertreten die Interessen von circa 1,2 Mio. Mieterhaushalten.

Sabine Bösing ist tätig als Referentin im Bereich Behindertenpolitik und Soziale Psychiatrie beim Paritätischen Wohlfahrtsverband - Gesamtverband, zuständig seit 2014 für das Projekt „Inlusion psychisch kranker Menschen im Bereich Wohnen bewegen“. Die Versorgung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen wurde für sie zu einem zentralen Thema in ihrem beruflichen Handeln. Neben einem sozialpädagogischen Studium verfügt sie über mehrere Zusatzqualifikationen unter anderem in Organisationsentwicklung und systemischen Coaching.

Frauke Burgdorff ist Raumplanerin. Sie hat als Stadtplanerin in Belgien, als Geschäftsführerin der Initiative Stadtbaukultur NRW in Gelsenkirchen, als Vorständin der Montag Stiftung Urbane Räume und als Geschäftsführerin der Urbane Nachbarschaft Samtweberei gearbeitet. Nun engagiert sie sich mit ihren Kolleginnen in der Agentur BURGDORFF STADT für kooperative Stadtentwicklung in ganz Deutschland.

Axel Burkhardt aus Tübingen ist Beauftragter für Wohnraum. Die Stadt bemüht sich dort durch ein neues kommunales Handlungsprogramm um dieVersorgung aller Bewohner*innen mit bezahlbaren Wohnungen.

Jens Gerhardt aus Leipzig ist studierter Architekt (Dipl.-Ing., Bauhausuni Weimar) und Stadtentwickler (M.Sc. Urban Management, Uni Leipzig) und eingeschriebener Stadtplaner. Er hatte u.a. Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Uni Leipzig und der BTU Cottbus-Senftenberg. Aktuell ist er Büroleiter bei |u|m|s| STADTSTRATEGIEN Leipzig mit den drei Hauptarbeitsfelder: integrierte Stadtentwicklungsplanung, Bauleitplanung und Netzwerkkoordination und Wohnprojektentwicklung für das Netzwerk Leipziger Freiheit.

Magnus Hengge ist als Kommunikationsdesigner und als selbstständiger Kleinunternehmer nah dran an den Bedürfnissen und Sorgen der Gewerbetreibenden. Er ist aktiv bei Bizim Kiez. Die Nachbarschaftsinitiative „Bizim Kiez“ (deutsch „Unser Kiez“) wurde 2015 als solidarische Gemeinschaft von Anwohner*innen gegründet, die sich gegen die Kündigung eines seit Generationen bestehenden und multikulturell eingebundenen Gemüseladens bildete. Schnell entstand daraus eine Bewegung, die sich sehr breit für alle Betroffenen der in Berlin-Kreuzberg besonders schnell fortschreitenden Gentrifizierung einsetzt.

Julia Hampe ist Stadtplanerin, Moderatorin und Beraterin. Sie gestaltet Dialogprozesse, bringt Personen miteinander ins Gespräch und moderiert Workshops oder Großgruppenveranstaltungen. Mit Vorliebe arbeitet sie an den Themen Verkehr, Wohnen, Klimaschutz und Energiewende.

Kay Herklotz hat einen Masterabschluss an den Hochschulen in Wiesbaden und Fulda „Master of Art“ mit dem Schwerpunkt „Gemeindepsychiatrie“ und ein betriebswirtschaftliches Studium abgeschlossen. Er ist hauptberuflich als geschäftsführender Vorstand des Psychosozialen Trägerverein Sachsen e.V. tätig, übt darüber hinaus noch ehrenamtliche Tätigkeiten und ist u.a. im Landesbeirat Psychiatrie in Sachsen.

Dr. Christian Lamker ist Raumplaner und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund sowie als Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen tätig. Er hat in Dortmund, Auckland und Melbourne in Raumplanung, Umweltrecht und Stadtforschung studiert. Er ist aktiv in der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) als Mitglied des Lenkungskreises des Jungen Forums, Sprecher der Regionalgruppe NRW und Initiator der NRW-Arbeitsgruppe Postwachstumsplanung.

Jochen Lang ist beim Berliner Senat als Abteilungsleiter u.a. für Wohnungspolitik und Wohnungsbau verantwortlich. Zuvor arbeitete er im Bundesbau- und Verkehrsministerium sowie in Forschung und Beratung.

Stephan Nagel hat Politische Wissenschaft, Soziologie und Sozialpädagogik studiert und ist langjährig in der Wohnungslosenhilfe engagiert. Seit 2005 ist er Referent für Wohnungslosen-, Suchtkrankenhilfe und Armut im Diakonischen Werk Hamburg.

Rolf Novy-Huy (*1957) ist Bankkaufmann. Er ist unter anderem 12 Jahre bei der GLS Gemeinschaftsbank eG in Bochum tätig und beschäftigt sich mit der Finanzierung von Gemeinschaftlichen Wohnprojekten, und unterschiedlichen alternativen Projekten. Zudem ist Mitgründer und Vorstand der Stiftung trias, der gemeinnützigen Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen in Hattingen (Ruhr). Durch seine Tätigkeiten verfügt er über einen guten Überblick über die Projektaktivitäten in Deutschland und kennt viele Projekte im Detail.

Ricarda Pätzold (Dipl. Ing. Stadt-und Regionalplanung) ist seit 2013 als Wissenschaftlerin und Projektleiterin am Deutschen Institut für Urbanistik tätig. Neben den Hauptthemen Wohnen und Wohnungspolitik arbeitet sie auch zu Fragestellungen von Partizipation, Integration, Nutzungsmischung etc.

Jennifer Puls ist Referentin für fachpolitische Grundsatzfragen beim Paritätischen Gesamtverband“. Der Paritätische greift das Recht auf Wohnen insbesondere im Rahmen unserer Kampagne „Mensch, Du hast Recht!“ auf, mit welcher auf den Schutz der sozialen Menschenrechte in Deutschland sowie auf die Relevanz dieser aufmerksam macht.

Benjamin Raabe hat Rechtswissenschaften in Marburg und Berlin studiert. Er ist seit 1994 in Berlin als Rechtsanwalt zugelassen, seit 25 Jahren Mieterberater, seit 12 Jahren Fachanwalt für Mietrecht und Mitglied des Arbeitskreises Mietrecht im RAV.

Christian Stupka ist Mitgründer der Wohnungsgenossenschaft WOGENO München eG. Konstituierend waren Überlegungen zu dauerhaft bezahlbaren, gemeinschaftsorientierten und selbstbestimmten Wohnprojekten. Heute besitzt die WOGENO 20 Häuser mit über 500 Wohnungen. 2005 brachte er die Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG auf den Weg, ein Zusammenschluss von 26 Wohnungsunternehmen, die Bestandsobjekte kaufen und im Neubau aktiv sind, mit dem Ziel Bauherren in Konsortien zu vereinen, die gemeinsam Konzepte der Nachbarschaftsorganisation, der Mobilität und der kulturellen Infrastruktur umsetzen. 2014 gründete er die STATTBAU München GmbH.

Rainer Tietzsch hat zum öffentlichen Baurecht promoviert und ist seit 1982 Rechtsanwalt in Berlin mit dem Schwerpunkt Mietrecht und Stadterneuerung. Er ist Autor mehrerer Fachbücher und Mitgründer des Portals www.promietrecht.de.

Henry Wilke hat Stadt- und Regionalplanung, Öffentliche Verwaltung sowie Historische Urbanistik studiert. Als Referent für Siedlungsentwicklung beim NABU Bundesverband beschäftigt er sich mit den Themen Flächenverbrauch und doppelter Innenentwicklung. Er koordiniert den bundesweiten Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, der die Reform der Grundsteuer in eine reine Bodenwertsteuer fordert.

Laura Weissmüller aus München hat Kunstgeschichte, Jura und Publizistik in Berlin und Rom studiert. Seit 2009 arbeitet sie als Redakteurin beim Feuilleton der Süddeutschen Zeitung. Dort verantwortet sie den Bereich Architektur, Stadtplanung und Design. Besonders interessiert sie dabei die Frage, welche Art von Gestaltung es braucht, damit die Gesellschaft sich trifft. Antworten darauf sucht sie in neu gebauten Museen und Hochhäusern genauso wie in Einfamilienhaussiedlungen auf dem Land oder auf Parkbänken alter Stadtviertel.